Im Herzen Südasiens liegt Bangladesch. Der weltweit am dichtesten besiedelte Flächenstaat vereint beeindruckende Naturwunder, eine äußerst lebendige Kultur und die zweitgrößte Volkswirtschaft Südasiens und erstaunt dabei mit einer Menge Kontraste.

Die Sundarbans, das größte Mangrovenwaldgebiet der Erde und UNESCO-Weltnaturerbe, beherbergen die letzten Bengalischen Tiger; und im grünen Hochland von Sylhet erstrecken sich endlose Teeplantagen, während der mächtige Brahmaputra das Land durchzieht wie eine Lebensader. Bangladesch ist jedoch mehr als seine spektakulären Natur und Kulturlandschaften: In Dhaka verschmilzt Mughal-Architektur mit hypermoderner Street-Art, bis heute bestehen jahrtausendalte Handwerkstraditionen wie die Produktion feiner Jamdani-Stoffe, und es gilt - vom Nationalgericht Hilsa-Fisch bis zu würzigen Currys - eine ganze kulinarische Welt kennenzulernen.
JAHRTAUSENDE DER MACHTKÄMPFE
Bengalen war einst die Kornkammer Asiens – bis die britische East India Company im 18. Jahrhundert begann, die Region systematisch auszubeuten. Dürren und Fluten wurden durch die Ausbeutung zu Katastrophen: Allein 1770 starben deshalb über 10 Millionen Menschen. Nach der Teilung Britisch-Indiens wurde Ostbengalen als Ostpakistan abgespalten. Doch die räumliche Trennung zu Westpakistan, sowie wirtschaftliche und politische Marginalisierung führten 1971 zum Krieg. Obowohl in dessen Folge Bangladesch seine Unabhängigkeit erlangte, wirkt das Trauma von damals bis heute nach.
Im Sommer 2024 stürzten landesweite Proteste die Regierung Sheikh Hasinas, die das Land seit 2009 autokratisch geführt hatte. Seitdem fordern Aktivist*innen, Künstler*innen und Gewerkschaften radikale Reformen und das Land erlebt eine kulturelle Renaissance. In den Teehäusern Sylhets debattieren Student*innen über die Zukunft, während in den Textilfabriken Arbeiter*innen für faire Löhne kämpfen – alle zusammen gestalten sie eine neue Identität zwischen Tradition und Moderne.
Zwischen Klimakrise und Innovation
Die immer stärker wahrnehmbaren Auswirkungen der globalen Klimakrise zeigen sich auch in Bangladesch: Jährliche Überschwemmungen bedrohen bis zu 70 % der Landesfläche, und Zyklone wie Sidr (2007) oder Amphan (2020) haben Millionen Existenzen zerstört. Besonders gefährdet ist das UNESCO-Weltnaturerbe der Sundarbans-Mangroven, das durch den steigenden Meeresspiegel zunehmend schwindet.
Doch Bangladesch ist nicht nur Opfer, sondern auch Vorreiter im Kampf gegen den Klimawandel. Die Bewohner*innen des Landes entwickeln innovative Anpassungsstrategien, um den Herausforderungen zu begegnen: Frühwarnsysteme alarmieren die Bevölkerung rechtzeitig vor Überschwemmungen und Zyklonen; in Regionen, in denen Felder monatelang unter Wasser stehen, setzen Bauern auf schwimmende Beete die den Anbau von Gemüse selbst bei Hochwasser ermöglichen und sogar weniger Dünger und Pestizide benötigen; und angesichts der zunehmenden Versalzung von Böden werden neue Reissorten gezüchtet, die auch unter schwierigen Bedingungen gedeihen können. Auch im Energiesektor sorgen Solarprojekte in ländlichen Regionen für eine unabhängige, klimafreundliche Stromversorgung und verbessern damit die Lebensqualität vieler Menschen.
Wirtschaft & Gesellschaft im Umbruch
Schon seit jahrtausenden ist Bangladesch für die Produktion feiner Stoffe und Textilien bekannt und heute ist der Textilsektor einer der zentrale Wirtschaftszweige des Landes. Der Einsturz des Rana Plaza im Jahr 2013 offenbarte der Welt jedoch die brutalen Arbeitsbedingungen der Industrie und wurde zum Symbol für Ausbeutung und fehlende Sicherheitsstandards. Gleichzeitig hatte die Katastrophe auch eine katalysatorische Wirkung: Heute organisieren sich Arbeiter*innen zunehmend in Gewerkschaften wie der National Garment Workers Federation (NGWF), die auch von der Protestbewegung von 2024 offen unterstützt wurde. Upcycling-Startups wie Broqué AF verwandeln Textilmüll in modische Kleidung und setzen damit ein Zeichen für Nachhaltigkeit und Kreativität. Und Pionierbetriebe wie die Denim Expert-Fabrik setzen auf nachhaltige und ressourcenschonende Produktion und treiben so die „grüne Transformation“ der Branche voran.
Auch über die Textilindustrie hinaus begegnen die Bewohner*innen des Landes den aktuellen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen mit innovativen Projekten. So feilen beispielsweise in der Haupstadt Dhaka junge Entwickler*innen und Startups in Tech-Hubs an digitalen Lösungen für urbane Probleme und die nationale Pharmaindustrie hat auf die Produktion kostengünstiger Medikamente für den globalen Süden umgestellt.
Current

Diese Studienreise nach Bangladesch bietet Einblicke in die Textilindustrie, den Klimawandel und die politischen Umbrüche nach dem Sturz der Regierung 2024. In Dhaka, Chittagong, den Sundarbans und Sylhet erleben wir, wie Menschen kreative Lösungen für Umwelt- und Menschenrechtsfragen finden – durch Workshops, Projektbesuche und Reflexionsrunden, die neue Perspektiven auf globale Herausforderungen eröffnen.